Die folgenden Abbildungen zeigen das Projekt "Wortbilder", entstanden aus Bildern von Peter Starcke nach Texten seines Bruders Michael Starcke.
im garten des freundes, 2015
Motiv- und Textleinwand 50 x 70, 30 x 70cm
michael starcke
im garten des freundes
für rainer
in den hohen tannen
hängt der glanz der abendsonne,
bis sie untergeht.
der garten des freundes
ist ein wandloses haus.
ausgelegt mit schönem
gänseblümchenwiesenteppich.
gestützt
verkörpert ein apfelbaum
den sanftmut der fülle,
die glaubhafte fiktion
ewigen lebens.
ein blauweißer stuhl
steht davor,
als ruhe er in sich
mit geschlossenen lidern.
tauben nahen
im sturzflug,
als brächten sie briefe
und durch die tür im zaun
gehen buchstaben ein und aus
und wollen zu wörtern werden,
die unserem heiteren gespräch
ganz ernsthaft
gerade noch fehlten.
meine tote mutter, 2015
Leinwand, 30 x 70 cm
meine tote mutter
manchmal wähle ich
wie all die jahre
morgens noch
ihre nummer,
in einer art vorfreude
auf ihre stimme,
verwundert,
dass sie sich nicht meldet.
vielleicht ist sie schon
auf dem weg zum markt
denke ich,
auf zierlichem fuß
oder auf der suche
nach einem weg zurück.
vielleicht hat sie,
ohne eine tür zu öffnen,
ihr grab längst verlassen
und ihr verwunschenes
schweigen freut sich
auf eine
unerwartete
verabredung mit mir
unter den alten bäumen
im friedhofsgarten.
michael starcke
heute ist der tag, 2015
Leinwand, 70 x 50 cm
heute ist der tag
heute ist der tag
vielleicht
ein hinkender mann,
ein flaschensammler,
in einem schäbigen mantel.
sinnierend betrachtet er
die welt, gespiegelt
im farbigen glas
wie botschaften
einer flaschenpost
auf dem trockenen,
klappernde, klirrende
geheimnisträger,
gerundet und
derbe, die den himmel
verzerrt aussehen
und ihn, bis zum
hals geleert,
schwarz werden lassen.
abgesoffen in der routine
seiner existenz
grummelt der aus
dem tritt geratene mann,
dass man ihn vergessen könne.
michael starcke
kleine nachrichten
kleine nachrichten
können auch den,
der sie verliest,mit
tränen ringen lassen,
bilder eines abschieds,
eines willkommens,
vorübergehend
unbekümmert im
toten winkel der fantasie.
kleine nachrichten
sind weit davon entfernt,
es schreiend
krachen zu lassen.
sie glätten,
was die zeit zerknittert,
graben, unsichtbar
wie minenarbeiter,
steine der hoffnung aus.
kleine nachrichten
machen nicht
viel umstände.
sie ähneln dem blick
auf eine sonnengelbe rose
in einer vase auf der fensterbank.
michael starcke
meine gedichte
Canvas - DiBond, 80 x 60 cm
meine gedichte
meine gedichte
zählen auf mich,
gebe ich ihnen mein wort.
meine gedichte
beobachten mich genau,
aber verbieten mir
keine zigarette.
gradlinig möchten sie sein
und nichts verschweigen,
was von belang ist
für mich.
sie folgen mir
in den schnee und ans meer
und behaupten leuchttürme
zu sein in der brandung.
sie sind mit dabei,
wenn die flasche von mund
zu mund geht, eingeschlagen
in zeitungspapier.
manchmal werden sie
drauf gedruckt mir zum trost,
wenn schwermut mich einholt
und ich nicht länger versprechen kann,
himmel und erde zusammenzuführen.
michael starcke
eine alte fotografie
Canvas - DiBond, 120 x 70
eine alte fotografie
eine alte fotografie:
eine junge frau
auf einem rostigen stuhl
verliert sich in der betrachtung
des meeres.
ob es ihr predigt
vom kommen und gehen,
von ebbe und flut,
von zukunft,
dem schaumgeflüster?
was ihre augen wohl sehen,
kommenden kummer,
den horizont,
dessen tore geöffnet sind,
segelnde freunde,
bleibende trauer
oder regenworte?
was mag sie denken
nach jahren,
wenn erfahrungen,
die ankerlosen, grau färben
ihr langes, fliegendes haar?
denkt sie dann
an die brüchigen
wände der muschel,
unbewohnte herzkammern
oder an ihr zuhause,
dieses vertraute schiff,
das man verlassen muss,
damit es nicht sinkt?
michael starcke
was übrigbleibt
lange habe ich nachgedacht
auf friedhöfen,
die ich gerne besuche
ohne devise und ohne trost.
gefunden habe ich ganz unterschiedlich gestaltete gräber.
zauber und funkenschlag.
sprachlos macht mich der tod.
vielleicht denke ich
an staub und lavendel
oder einen herzinfarkt.
vielleicht denke ich
an kletterrosen
oder die kostbare liebe,
auf die ich höre
mit der unmöglichkeit
sie getrost zu vergessen.
durchlässig werde ich
und spüre äpfel und steine,
schatten und moos.
der tod ist das leben.
das leben ist der tod.
der geduldsfaden, der atmet und dröhnt
und die kunst beherrscht, bockig zu sein
wie das hoffen der engel.
michael starcke
das karge
Illustration nach dem Text von M. Starcke
das karge
das karge des herbstes,
das bunte, die vorfreude
auf einen guten wein.
der blick auf die welt,
mildernde umstände,
randnotizen
wie gemalt
nebel und sonnenflecken.
vielleicht jemand,
der unbefangen genug ist,
dass er sich selber beobachten kann
und uns sagt,
was er sieht:
einen mann,
der bedächtig
durch einen weinberg wandert.
vielleicht trägt er
eine abgewetzte lederjacke
oder er hat lehm
an den schuhen
oder er bewegt sich
wie ein schlafwandler,
sicher und voller vertrauen
auf fruchtbarem fels.
michael starcke
der herbst ist nicht dazu da
Canvas-DiBond, 120 x 60 cm
der herbst ist nicht dazu da
vermutlich
ist der herbst
nicht dazu da,
um an sich zu arbeiten
wie sisyphos,
von dem mancher sagt,
dass er glücklich sei,
weil er eine aufgabe hat,
die nicht enden will.
für die männer der stadt,
die mit besen und saugern
unterwegs sind,
mag das anders sein,
obwohl das laub
ihre arbeitsplätze schützt.
interessiert beobachte ich,
wie sie und hausmeister
das laub in blauen säcken sammeln,
die sie, anders als steine,
prall gefüllt
im vorgärten und am strassenrand stapeln.
an sisyphos denkend
weiss ich, was sache ist.
das schöne gefühl von vorfreude,
womöglich etwas schaffen zu können,
was zu schaffen menschenunmöglich ist,
etwas, dass sinn macht,
weil es der sinn des sinnes ist,
daran zu arbeiten
und mit dabei zu sein,
vollendung zu versuchen.
michael starcke
in der gemütlichen Weinstube
Canvas-DiBond, 120 x 80 cm
in der gemütlichen weingalerie für susanne koch
in ihren regalen lagern
stehend
die weine der welt.
was sie sich wohl
ausdenken mögen
in ihren vielfarbigen flaschen,
anzustellen in unserem blut?
sie warten geduldig,
eingefüllt zu werden
in glasklare gläser,
zum munde geführt zu werden
an festen tischen,
angemessen getrunken zu werden
mit zuen augen
in den pausen ohne brot.
bruderschaft trinken wir
mit ihnen aus freude,
dass sie sternbilder verschieben,
die wahren und imaginären,
dass wir freunde gewinnen,
die am burgunderrot der liebe genesen,
anstatt zu verzweifeln
in unserer real existierenden welt.
ihrer besten freundin verdanken wir,
gepflegt zu sitzen
in der gemütlichen weingalerie.
allen weinen schaut sie
tief in die augen,
uns aber verdreht sie die köpfe
wie ein strauß wilder rosen,
der ihr vor die füße fällt
aus heiterem himmel,
während sie uns behutsam
einen teller kürbissuppe
mit ingwer serviert.
michael starcke
mild
Canvas-DiBond 80 x 80 cm
mild
mild die bilder
am morgen.
nebelverhangen
die bäume, der telegrafenmast.
leer das nest
hoch oben im baum
in erwartung des augenblicks,
dass ein flügel es streift.
die nachrichten der nacht
sind nicht verkaut und verraten,
auch nicht vergessen
der schnabellaut als aufforderung,
ein herz zu erfinden
für diese alte welt.
mild die bilder
am morgen und rosenrot.
man muss,
sagt ein erwachsenenwort,
sich nur zu helfen wissen.
michael starcke
Küche - ein glücklicher Ort
Canvas-DiBond, 140 x 90 cm
küche, ein glücklicher ort
nicht jeder,
obwohl er es vielleicht wünschte,
sieht vorm küchenfenster
auf das paradies.
aber nicht faul
schafft er,
gut gerüstet, sein eigenes,
für den magen etwa,
durch den die liebe führt
oder für das auge,
das mitessen möchte.
gerätschaft und inventar
gibt es reichlich genug,
töpfe und pfannen,
messer und gabel,
gläser und teller,
kühlschrank und herd.
gezaubert wird
mit essig und öl,
den besten zutaten,
die aufzutreiben waren und sind,
manchmal mit freunden,
die schon immer die besten waren.
alles beginnt mit einem glas wein,
der heiterkeit und schönheit schenkt
und den köchen und köchinnen
in die augen schaut,
als prüfe er ein gericht,
weil er weiß, dass er,
zum löschen, ablöschen genutzt,
alles besser machen kann,
anstatt viel zu verderben.
michael starcke
der beginn einer geschichte
Canvas-DiBond, 60 x 50 cm
der beginn einer geschichte
der beginn einer geschichte,
das aus,
spröde gräser
zwischen gleisen
der eisenbahn.
einer blättert in einer zeitung,
während er wartet,
ein anderer raucht.
am abgelegenen ort,
meinen träumen,
habe ich dich
manchmal
anreisen sehen.
ohne mich eines
blickes zu würdigen,
verschwandest du in
den armen eines anderen.
michael starcke
Am See
Canvas-DiBond 100 x 70 cm
am see
welche schuld sühnt
die gleißende sonne?
du, dem wasser nah,
auf seltsamen wegen
dem himmel,
ein schaubild
ist dir der see.
da ist eine bank,
nahe an seinem ufer,
eine weide.
da ist ein schiff,
vor spannung hellwach,
von dem menschen
dir grüße winken
unmittelbar und direkt.
da sind häuser,
villengroß und leer,
als erinnerten sie
an das geständnis
eine offenbarungseides
oder an ein stumm
gebliebenes morsezeichen.
da ist auch ein weinberg,
bei dessen anblick
du dir geschichten
ausdenken möchtest
von selbstloser liebe
und leidenschaft.
da sind steine
und schwäne.
jemand füttert sie
mit brot, trocken
gewordenem brot,
mag sein als versuch,
die nächste nacht zu überleben.
michael starcke
Blaue Berge
Canvas-DiBond 100 x 70 cm
blaue berge
wenn die kinder traurig waren,
kochte mutter ein hähnchen,
und karneval war das reinste
kinderspiel,
und goldene worte grinsten
mich an, und die hand auf dem
herzen schnellte aus keinem
automaten. manchmal saß ich
unter dem wollfädenbaum und
spann.
auf einem spaziergang durch
das neandertal nahm ich
chinesische kirschen mit,
und die frösche, die ich auf
den wegen traf, waren sie nicht
lebendiger als alle prinzen,
die ich an die wände warf
samt ihrem gehabe und den
vorurteilen aus dem märchen-
buch?
als ich an der hand meines
vaters das land des lächelns
verließ, lernte ich etwas
über systeme. dort war er fremd
und hier nicht länger er-
wünscht, obwohl er nicht frei
wie ein vogel war. manchmal
sehne ich mich, ich weiß nicht
wohin, zurück.
blaue berge.
michael starcke
Da ist mein Ort
Canvas-DiBond 90 x 60 cm
da ist mein ort
da ist mein ort
auf dem weg zum altar,
hinten in der letzten reihe,
dort, wo ich bete,
der mit großen augen
stillhält und schweigt.
da ist mein ort
auf dem weg durch die straßen
mit uralter sehnsucht
und heimlichen entsetzen,
ein schaufenster,
in das ich aufgeregt blicke,
als schaute ich ein gespenst
von angeschlagener schöheit.
da ist mein ort
auf dem weg zu dir,
ohne ein fähnchen zu schwenken,
derjenige
mit hinkendem, langsamen schritt,
von hinten gesehen
eine traurige dunkle gestalt
mittbrücks.
da ist mein ort
auf dem langen weg zum meer,
noch unsichtbar
in weiter ferne.
ein lied pfeife ich,
als glaubte ich zu täumen
in der hoffnung, dass mich
eine verwandte seele erkennt.
da ist mein ort
auf dem weg dorthin,
wo ich gern verweile,
wo nur die vögel am himmel
die stille stören
und niemand mich drängt,
irgendeinen baum auszusuchen,
unter dem ich ruhen werden will.
michael starcke
Das Haus
Canvas-DiBond 60 x 40 cm
das haus
es macht meinen gedanken
platz und denkt nach
über mich.
es zeigt mir sein dach,
seine treppen hinauf,
hinab, die keller,
platz für ein
imaginäres klavier,
das dach,
das mich schützen soll,
soweit es kann.
es ist der ort,
an dem mein bett
vor anker liegt,
wo ein tisch
zum rettungsring werden kann,
befällt mich der kummer,
etwas verlegt zu haben,
wonach ich suche.
es öffnet mir seine türen
und fenster, verbindung
zur lärmenden welt,
um sie zu schließen,
wenn ich ungestört eine
flaschenpost öffnen will.
es ähnelt einer arche,
in der ich auch nachts
einen hund bellen hören kann
und im bad genügend wasser
finde, wenn der wein
ausgegangen ist,
in dem ich baden
wollte mit dir.
es beherbergt auch träume,
deine und meine,
nicht zu eng für
die zweisamkeit
eines fischers und seiner frau,
der nach steinen und wörtern
fischt mit schwimmenden netzen
auf der welle melancholie.
michael starcke
Die Strasse vor meinem Fenster
Canvas-DiBond 90 x 70 cm
die straße vor
meinem fenster
ein allerweltsbild,
die straße vor meinem fenster,
nichts zur allgemeinen belustigung,
nichts für nachlaßverwalter.
wenn ich sie betrete,
habe ich das bedürfnis,
eine zigarette zu rauchen,
frage ich mich,
ob sich das ziel ändert
in meiner erinnerung
oder ob ich mich
vielleicht verspätet habe.
ich kenne ihr pflaster,
ihre gärten mit rotem mohn,
ihre häuser,
die mir verschlossen bleiben.
ich kenne ihre hingabe
an regenschauer und steine
und dem staub der zeit.
eilig wechseln die schritte,
wie vergessen wechselt,
das nach einfachen
wahrheiten suchte.
manche sah ich
mit koffern an
ihren rändern stehen,
als suchten sie nach gewißheiten
oder erklärungen,
ein verlangen
wie jenes
nach geborgenheit
oder flucht. das war`s!
michael starcke
Diese Stunde am Morgen
Canvas-DiBond 100 x 60 cm
diese stunde
am morgen
diese stunde am morgen,
eine welt aus vergessen
und erinnerung,
ein augenblick,
der die sonne lockt,
ein augenblick,
um briefe zu lesen,
die niemand schrieb.
wie geduldig
ist das papier
und die zeit, mit
der wir unsere gedanken
teilen, ist ohne eile
und schweigt. nicht
lange und wir
werden wieder
auf knopfdruck reagieren,
telephone bedienen,
streitfragen klären,
verstehen müssen,
um was es geht,
vielleicht
vergebliches
ohne murren ertragen,
verdächtigt,
wir hätten alles verdorben,
was uns am herzen liegt.
michael starcke
Einer wird sein
Canvas-DiBond 30 x 30 cm
einer wird sein
einer wird sein,
der die türen mir aufhält,
ohne daß ich ihn
bitten muß.
einer wird sein,
der mich freispricht
von melancholie,
die die zeit überdauert.
einer wird sein,
der mich kennt,
allen konventionen
zum trotz.
einer wird sein,
der mehr weiß
als ich.
ihm begegnet beharrlich
zur nachtzeit
das steinbild
leibhaftiger schmerzen
ein kühnes, eigensinniges
gesicht.
michael starcke
Im Herbstlicht
Canvas-DiBond 100 x 70 cm
im herbstlicht
vielleicht, daß sich
gut reden läßt
im herbstlicht
bei einer tasse tee.
welcher atem
lässt uns leben,
welche memoiren,
welches blut?
vielleicht, daß wir
liebe wollen,
ohne daran zu denken,
was daraus wird.
vielleicht, daß wir
auf den ton
einer musik hören
bis zum wahnsinn,
oder die rosen
auf dem tisch
beiseite rücken
beim blättern in
ungelesenen büchern.
michael starcke
Lob der Küche
Canvas-DiBond 140 x 80 cm
lob der küche
manchmal ist sie auch noch
zufluchtsort für eine eilige
tasse schwarzen kaffees
zwischen geschirr und bestecken
der gestrigen feier.
das aroma von wein
und feinen gewürzen hängt
in der luft ihrer welt
des hungers und schlemmens.
mag sein, dass sie schön gekachelt
ein polierter edelstein ist.
an ihrem herd zu kochen
ist ein vergnügen
oder über rezepte gebeugt
weltliche genüsse auszuprobieren.
sie beherbergt alles
notwendige handwerkszeug.
die sammlung ihrer messer
ist friedlich und für jeden koch
ein superscharfes gedicht.
das gemeinsame mahl
an ihrem tisch einzunehmen,
kann zum himmlischen erlebnis werden,
nicht anders wie die philosophierenden gespräche
bei knoblauch und geröstetem brot.
einmal gemütlich versammelt
mag sie niemand verlassen.
hier wird auch gesprochen,
worüber man sonst nicht spricht
und niemals maß genommen
an dem gerede,
man achte auf die figur.
michael starcke
Steine
Canvas-DiBond 70 x 30 cm
steine
für rainer küster
sie fürchten kein feuer,
selbst wenn sie zerfallen sollten
oder leichter werden.
es sind namen,
die in schall und rauch
aufgehen,
aber es ist der schmerz,
der ins herz wächst
und es womöglich
zu stein werden lässt.
manchmal
ist man versucht,
ihnen von den lippen zu lesen
oder möchte sie
übers wasser springen lassen,
damit sie kreise ziehen.
ein geheimnis
ist gut aufgehoben
unter dem siegel der steine,
von denen manche
schwerer sind
als das geschulterte kreuz.
es gibt ohren,
die hörten sie singen
michael starcke
Wir diskutieren
Canvas-DiBond 50 x 50 cm
wir diskutieren
wir diskutieren
bei cognac und zigaretten,
fahren in gedanken
noch einmal durch
eine beliebige
landschaft hin
und zurück.
nachdenklich
betrachten wir
unsere hände, willige
werkzeuge, über die
wasser läuft, wenn
wir es wollen.
wir reden.
wir schweigen,
lesen manchmal
briefe vor von
ersten,
letzten lieben.
unser erkennungszeichen
sind botschaften vom
verlorenen sohn,
ungeduldiges klopfen
mit den fingern auf
beliebigen tischen;
wir diskutieren.
michael starcke
Mein Tag
Canvas-DiBond 70 x 90 cm
mein tag
mein tag, zeit
des wandels,
die entdeckung,
daß ein wasser-
hahn tropft.
mein tag,
trivialpoesie,
eine stimme,
die sich heiser
geredet hat.
mein tag,
das alltägliche,
das seinen blick
bewahrt für die müdigkeit
auf eigene rechnung.
mein tag,
ort der begegnung,
ein mir verbliebener freund,
der sich entfernt,
ohne zurück zu sehen.
mein tag,
das wissen,
das etwas geschehen müßte,
wie für mich geschrieben,
der nachtvogel nachtig-
gall.
michael starcke
Wie Wasser
Canvas-DiBond 90 x 40 cm
wie wasser
ein letztes mal
eine leise musik,
ein wehmütiger blick,
eine große bitte.
ein letztes mal
gelbe handschuhe,
ein schlechtes blatt,
ein datum, angekreuzt
im kalender.
ein letztes mal
ein offenes ohr,
sternhagelvoll,
ein zartes gefühl,
ein gedicht.
ein letztes mal
sonnenaufgang,
ein dunkles
wort wie
himmel
und eines wie wasser,
mit dem man helle
bilder malt, in
denen formen und
farben ineinander
verlaufen,
und welkende rosen
duftig blatt für
blatt verlieren,
und jeder pinselstrich
entscheidet, was ein
empfindsames herz,
flüchtig betrachtet,
verloren hat auf
nassem gewölbten papier.
michael starcke
hiernieden
Canvas-DiBond 100 x 70 cm
hiernieden
das laub,
womöglich logbuchblätter
jedes einzelne blatt,
eingesammelt
von den männern der stadt.
die bäume
geheimnisvoll kahl
wie bloßgelegte
scheue gesichter,
erstarrte
unbeholfene gebärden
versteckten lebens.
gefiederte intelligenz
die vogelschwärme
am himmel,
die seele
der freien gedanken.
möchte ich jetzt
eine rose schauen
hiernieden,
blinkt in einem fenster
als gruß ein roter stern
aus pappmaché.
michael starcke
Heute der Regen
Canvas - DiBond 60 x 60 cm
heute der regen
heute der regen
wie ein raum
der sich verdunkelt,
eine verlorene erinnerung
an sich selbst.
heute der regen
ein anschwellendes,
ein abschwellendes geräusch,
als beklage es,
einer unveröffentlichten handschrift
begegnet zu sein
in nähe
einer branntweinflasche.
heute der regen
tränenseliger als sonst,
obwohl er sich besser anfühlt
als eine unfreundliche geste,
vielleicht
das einzig wahre,
um, eingesperrt in die zeit,
zu verstehen,
dass natur nicht viel übrig hat
für behutsame kompromisse
am ende einer langen reise.
michael starcke
die stillen gärten
Canvas-DiBond 100 x 60 cm
die stillen gärten
die stillen gärten
vor den häusern
am rande der straßen,
aufenthaltsorte
für gedanken.
man sollte meinen
dass sie das gedächtnis,
einer musik ähnlich,
ersetzen könnten.
gesichtspunkte sind sie
eines lange genug
überschlafenen planes,
mit bäumen geschmückt
und mit blumen,
natur,
genial übersertzt
und nachgesprochen
mit staunen
und gelassenheit.
man sollte meinen,
dass sie die sprache
der engel verkörpern
für gedichte und poesie.
michael starcke
es ist der nebel
Canvas-DiBond 100 x 70 cm
es ist der nebel
es ist der nebel,
die verschleierten tränen des himmels,
aus dem
die stadt sich aufrichtet
nach der nacht
mit gedämpften lichtern.
welch ein wetter,
denkt man
mit glimmender zigarette,
während die straßen
müde glänzen.
ohne einen blick
auf seine blumen zu gewähren,
verschließt der großhändler
seinen wagen,
schützt die farbige pracht
im nieselregen.
und ausgerechnet heute
habe ich einen fototermin
in den kulissen stillgelegter,
rostender industrieanlagen.
michael starcke
in diesen tagen
Canvas-DiBond 50 x 30 cm
in diesen tagen
am zarten grün
des frühlings
kann ich schon
die farben des herbstes erahnen.
erschöpft
von seinen träumen
klaubt ein mann
papierfetzen
auf dem gehweg auf
und ein anderer
winkt müde seiner frau.
verloren
trottet ein hund
am rand des weges
entlang,
als gäbe es nichts
zu finden,
wonach zu suchen lohnte.
eine tasche
über die schulter gehängt
suche ich im alltag
das gewohnte,
aufregend genug,
über die niederschrift
eines gedichtes nachzudenken.
michael starcke
januarmorgen
Canvas-DiBond 100 x 60 cm
januarmorgen
einer nachricht ähnlich
steigt rauch aus
einem hohen schornstein auf
und verweht.
in der klarheit der kälte
stehen die bäume
kerzengerade,
wahre gerippe.
über dem straßenschatten
deutet der himmel
den tag an
mit zartem blau.
die häuser harren
demütig verschlafen,
wissend,
dass die erde
sich jeden augenblick
bewegen könnte.
und irgendjemand
haucht beschwingt
einen kuss
über seine geöffnete linke hand
in richtung
eines beleuchteten fensters.
michael starcke
mein morgen
Canvas-DiBond 80 x 50 cm
mein morgen
mein morgen
ahnt schon die kommende nacht,
ein spiel,
bevor die tränen sich sehen lassen.
mein morgen
ist das tasten der finger
nach einer heißen tasse kaffee,
ist ein wort über engel,
an dem die zunge
sich nicht verbrennen wird.
mein morgen
ist ein altes buch,
manchmal mit neuen texten,
ist eine rose,
die in einem vorgarten blüht,
ein anblick,
an dem ich mich freuen kann.
mein morgen
ist der erste gedanke
an diejenigen, die ich liebe,
jenen antworten ähnlich auf fragen,
für die es keine worte braucht.
michael starcke
meine poesie
Canvas-DiBond 100 x 60 cm
meine poesie
meine poesie hallt wider
von der rauen stimme
der klingenden see,
ist echo auf alles,
was ich erlebe.
meine poesie ist
wie ein flacher stein,
geklaubt aus dem sand.
vielleicht werde ich ihn
in ein ruhiges gewässer
werfen, geschickt
und gezielt, damit
er aufsetzend springt
und schöne kreise zieht.
meine poesie ist herbstlich
von anfang an,
ein keil,
wie ihn zugvögel bilden
im flug.
meine poesie bin ich,
sanft und melancholisch,
aber auch verzweifelt wie der schrei,
mit dem man hochschreckt
aus visionen und träumen.
michael starcke
melancholische monologe
Canvas-DiBond 40 x 20 cm
melancholische monologe
der wind häuft laubberge an,
trägt sie ab, häuft sie auf.
die straßen überflutet
der novemberregen,
ruft die männer der stadt
auf den plan
ölzeugschwer.
die fassaden der häuser
ändern ihre farbe,
ohne sich zu wundern
über sinn oder unsinn
oder die vergeblichkeit.
was gilt es einzusammeln,
was gilt es zu bewahren,
welche eigentümlichkeiten,
welchen zwang?
ein gruppenfoto:
kahle bäume.
der wind häuft laubberge an,
trägt sie ab, häuft sie an,
melancholische monologe.
michael starcke
rückkehr in den alltag
Canvas-DiBond 60 x 70 cm
rückkehr in den alltag für ingo müntz
die gemeinsame zigarette,
ein stück normalität.
die häuser,
nicht weit auseinandergerückt,
strahlen sanftmütiges zuhause aus..
in der geöffneten hand
des frühlings blüht
das gezweig der forsythien.
die straßenarbeiter
versehen dieselbe arbeit
wie gestern.
auf ihre schweren schuhe
legt sich der unermüdliche staub.
aufbruch heißt die parole
zaghaft genug.
jeder steht für sich alleine.
aber der ferne himmel
ähnelt noch einem engel,
der allgegenwärtig ist.
michael starcke
schreibe ich vom meer
Canvas DiBond 100 x 70 cm
schreibe ich vom meer
schreibe ich vom meer,
schreibe ich von der liebe
und ihren salzigen küssen.
jeder weiß, wie dunkel
die liebe sein kann
und stürmisch,
aber auch träge
wie die windstille see.
jeder erfährt ihre nacht-,
ihre schattenseiten
und wie ihr gesicht,
ähnlich wie das des meeres,
sich verändern kann.
nicht immer ist es verzweiflung,
der man nicht entrinnen kann.
schreibe ich von der liebe,
schreibe ich von leuchtfeuern,
von der möglichkeit,
zur see zu fahren,
um dort zu sterben,
ohne den neuen kontinent zu erreichen,
in der hoffnung, gerettet zu werden.
michael starcke
eine sanfte lektion
Canvas-DiBond 80 x 50 cm
eine sanfte lektion
eine sanfte lektion
gefühle und schnee
und die erinnerung
ungetrübten herzens
an die kinderzeit.
gestern mein verlangen
nach einem
verwegenen leben,
heute das bedürfnis
nach stille,
präzise
wie blattwerk
oder ein eiskristall.
die beste art,
einen ort zu vergessen,
ist die,
an ihn zurückzukehren,
als folge man
dem ruf der see,
heute ein friedliches ding,
einem flüchtigen regenbogen ähnlich,
wenn er aufleuchtet
und sichtbar verblasst.
michael starcke
am heiligabend
mag sein,
dass heute jemand
eine reise antritt,
um einem stern zu folgen.
mag sein,
das heute jemand
in gefangenschaft gerät,
weil er festhält
an seinem glauben.
mag sein,
dass eine familie,
die zerstritten ist,
in einem kreis
zusammenfindet
zum abendmahl
oder die schönheit
des wunderbaren,
einer liebkosung ähnlich,
frieden werden lässt,
länger als eine nacht.
mag sein,
dass die, die gewalt predigen,
heute schweigen
oder in einem vorortzug
ein kind zur welt kommt,
weil weder in einer herberge
platz ist, geschweige
in einem stall,
der nicht bereit ist,
sowohl den unschuldigen
wie den schuldigen asyl zu gewähren.
michael starcke